Veröffentlicht am März 12, 2024

Der bloße Abschluss von Standardversicherungen schafft eine trügerische Sicherheit; der wahre Schutz Ihres Vermögens liegt in der präzisen Beseitigung von Deckungslücken.

  • Die größte finanzielle Gefahr ist nicht der Schaden selbst, sondern die unbemerkte Unterversicherung, die Ihre Entschädigung halbiert.
  • Grauzonen zwischen Hausrat- und Gebäudeversicherung (z.B. Einbauküchen, Wärmepumpen) sind oft ungedeckt und müssen aktiv geklärt werden.

Empfehlung: Führen Sie eine Neubewertung Ihres Hausrats und Ihrer Immobilie durch und prüfen Sie Ihre Policen auf den „Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit“, um existenzielle Risiken auszuschließen.

Für die meisten Immobilienbesitzer und Mieter in Deutschland ist die Sache klar: Eine Hausrat- und eine Wohngebäudeversicherung sind die Grundpfeiler der Absicherung. Man schließt sie ab und fühlt sich sicher vor den großen Katastrophen des Lebens – Feuer, Wasser, Sturm, Einbruch. Diese grundlegende Absicherung ist zweifellos wichtig, doch sie wiegt viele in einer gefährlichen, trügerischen Sicherheit. Denn die wahre Bedrohung für Ihren Lebensstandard lauert nicht im sichtbaren Feuer, sondern im unsichtbaren Kleingedruckten Ihrer Police.

Die landläufige Meinung konzentriert sich darauf, *ob* man versichert ist. Doch die entscheidende Frage lautet: Sind Sie *richtig* versichert? Was nützt eine Police, wenn im Schadensfall aufgrund einer unbemerkten Unterversicherung nur die Hälfte des Schadens erstattet wird? Was passiert, wenn sich herausstellt, dass die teure Einbauküche oder die neue Solaranlage gar nicht vom Vertrag abgedeckt ist? Die Standardantworten der Versicherungsbranche greifen hier zu kurz. Die eigentliche Kunst der Absicherung besteht nicht darin, Policen anzuhäufen, sondern darin, die kritischen Deckungslücken zu identifizieren und gezielt zu schließen.

Dieser Leitfaden bricht mit der oberflächlichen Betrachtung. Statt nur aufzuzählen, welche Versicherungen es gibt, tauchen wir tief in die Materie ein. Wir decken auf, warum Ihre Gebäudeversicherung oft nur einen Bruchteil Ihres Vermögens schützt, wie das Pro-Rata-Prinzip bei Unterversicherung Ihr finanzielles Fundament erschüttern kann und welche Deckungsbausteine wirklich existenziell sind – und welche Sie sich getrost sparen können. Ziel ist es, Ihnen das Expertenwissen zu vermitteln, um Ihren Schutz von einer reinen Formsache in eine maßgeschneiderte Festung für Ihren Lebensstandard zu verwandeln.

Um Ihren Besitz und Lebensstandard wirksam zu schützen, ist ein strukturiertes Vorgehen unerlässlich. Der folgende Artikel führt Sie durch die entscheidenden Aspekte, von der Analyse bestehender Policen bis zur Auswahl unverzichtbarer Zusatzbausteine, um typische und kostspielige Fehler zu vermeiden.

Was deckt Ihre Hausratversicherung wirklich ab und was bleibt ungeschützt?

Die Hausratversicherung ist der wohl verbreitetste Schutz für das private Eigentum. Tatsächlich haben laut einer Erhebung über 72,7 % der deutschen Haushalte eine solche Police abgeschlossen. Sie deckt im Kern Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel und Einbruchdiebstahl an allen beweglichen Gegenständen in Ihrem Haushalt ab. Doch genau hier beginnt die trügerische Sicherheit: Viele Versicherte gehen davon aus, dass damit alles „im Haus“ geschützt ist. Die Realität sieht oft anders aus, denn die gefährlichsten Lücken lauern im Detail.

Die kritischsten ungeschützten Bereiche sind oft nicht die Gegenstände selbst, sondern die Umstände eines Schadens. Eine der häufigsten und teuersten Deckungslücken ist die grobe Fahrlässigkeit. Ein gekipptes Fenster während Ihrer Abwesenheit, das einen Einbruch erleichtert, oder eine unbeaufsichtigte Waschmaschine, die einen Wasserschaden verursacht – in diesen Fällen kann der Versicherer die Leistung drastisch kürzen oder sogar komplett verweigern. Ebenso sind die Entschädigungsgrenzen für Wertsachen wie Schmuck, Bargeld oder Kunst oft auf 20-30 % der gesamten Versicherungssumme begrenzt, was bei hochwertigem Besitz bei weitem nicht ausreicht.

Visualisierung der Deckungslücken einer Standard-Hausratversicherung

Wie diese Visualisierung andeutet, existieren neben den offensichtlich geschützten Bereichen signifikante Schattenzonen. Auch Fahrräder, insbesondere teure E-Bikes, sind oft nur unzureichend oder gar nicht gegen Diebstahl außerhalb der Wohnung versichert, wenn keine spezielle Fahrradklausel mit Nachtzeitschutz vereinbart wurde. Die größte und immer relevanter werdende Lücke ist jedoch der fehlende Schutz gegen Elementarschäden wie Überschwemmung durch Starkregen, der in Standardtarifen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Diese Lücken zu kennen, ist der erste Schritt zur wirklichen Absicherung.

Wann sollten Sie nach dem Immobilienkauf welche Versicherung abschließen?

Der Kauf einer Immobilie ist ein komplexer Prozess, bei dem der richtige Versicherungsschutz oft zu spät bedacht wird. Das Timing ist hier jedoch entscheidend, um gefährliche Lücken zwischen Kaufvertrag und Einzug zu vermeiden. Bestimmte Versicherungen müssen zu exakten Zeitpunkten im Kauf- oder Bauprozess abgeschlossen werden, um durchgehend geschützt zu sein. Die Risiken gehen bereits vor dem ersten Spatenstich auf den neuen Eigentümer über.

Die folgende Übersicht, basierend auf den Empfehlungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), zeigt den idealen Zeitplan für den Abschluss der wichtigsten Policen. Besonders kritisch ist der Übergang der Wohngebäudeversicherung, die oft schon mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch auf den Käufer übergehen muss, da ab diesem Moment das wirtschaftliche Risiko bei ihm liegt.

Zeitplan: Versicherungen beim Immobilienkauf
Zeitpunkt Versicherung Priorität
Vor Baubeginn Feuer-Rohbauversicherung Zwingend
Bei Auflassungsvormerkung Wohngebäudeversicherung Zwingend
Nach Notartermin Prüfung bestehender Policen Wichtig
Bei Bezug Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht Zwingend

Besonders die Feuer-Rohbauversicherung ist für Bauherren existenziell, da sie den Rohbau gegen Brandschäden absichert und oft kostenlos in die spätere Wohngebäudeversicherung übergeht. Die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht wird ebenfalls oft vergessen. Sie ist zwingend erforderlich, sobald Sie als Eigentümer im Grundbuch stehen, und schützt Sie vor Ansprüchen Dritter, die auf Ihrem Grundstück zu Schaden kommen – beispielsweise ein Passant, der im Winter auf einem ungestreuten Gehweg ausrutscht.

Warum schützt die Gebäudeversicherung nur 40% Ihres tatsächlichen Vermögens?

Die Wohngebäudeversicherung ist das Fundament für jeden Immobilieneigentümer. Sie schützt die Bausubstanz – also Mauern, Dach und fest verbaute Teile – gegen Gefahren wie Feuer, Sturm und Leitungswasser. Viele Eigentümer glauben, damit sei ihr gesamtes „Haus“ und somit ihr Hauptvermögen geschützt. Diese Annahme ist jedoch ein Trugschluss. Die Immobilie selbst stellt oft nur einen Teil des Gesamtvermögens dar. Der Wert des Hausrats, also aller beweglichen Gegenstände, kann leicht 40-60 % des Gebäudewertes erreichen oder ihn sogar übersteigen. Die Schadensleistungen von 1,427 Milliarden Euro in der Hausratversicherung allein im Jahr 2022 verdeutlichen die enorme finanzielle Bedeutung dieser „beweglichen“ Werte.

Das eigentliche Problem entsteht in der Grauzone zwischen dem, was fest verbaut ist (Gebäude), und dem, was beweglich ist (Hausrat). Diese Abgrenzung ist oft nicht eindeutig und führt im Schadensfall zu kostspieligen Auseinandersetzungen. Hier sind einige kritische Beispiele:

  • Einbauküchen: Eine einfache, modulare Küchenzeile gilt meist als Hausrat. Eine individuell angepasste und fest mit dem Gebäude verbundene Einbauküche hingegen wird oft der Gebäudeversicherung zugeordnet. Ohne klare Regelung in beiden Policen kann es passieren, dass keine der beiden Versicherungen zahlen will.
  • Markisen und Terrassenüberdachungen: Je nach Art der Montage können sie als Teil des Gebäudes oder als Hausrat gelten.
  • Technische Gebäudeausstattung: Moderne und teure Anlagen wie Wärmepumpen, Solaranlagen oder Wallboxen sind in Basistarifen der Gebäudeversicherung häufig nicht oder nur unzureichend mitversichert und benötigen einen expliziten Einschluss.
  • Fußbodenbeläge: Fest verklebte Teppiche oder Parkettböden gehören zum Gebäude. Lose verlegte Teppiche sind Hausrat.

Die Gebäudeversicherung schützt also nur die „Hülle“. Der Inhalt und alles, was in der Grauzone liegt, macht einen erheblichen Teil Ihres Vermögens aus und benötigt eine separate, präzise abgestimmte Absicherung. Ohne eine klare Definition in den Versicherungspolicen bleiben erhebliche Werte ungeschützt.

Die fatale Unterversicherung, die 60% der Haushalte im Schadensfall 15.000 € kostet

Die wohl heimtückischste und am häufigsten übersehene Gefahr für Immobilienbesitzer und Mieter ist die Unterversicherung. Sie tritt auf, wenn die vereinbarte Versicherungssumme niedriger ist als der tatsächliche Wert des versicherten Hausrats oder der Immobilie. Die Konsequenz ist fatal und folgt dem sogenannten Pro-Rata-Prinzip (Verhältnismäßigkeitsprinzip). Im Schadensfall kürzt der Versicherer die Entschädigung prozentual in dem Verhältnis, in dem Sie unterversichert sind.

Ein konkretes Beispiel macht die dramatischen Folgen deutlich: Ihr Hausrat hat einen tatsächlichen Neuwert von 100.000 €. Ihre Versicherungssumme beträgt aber nur 50.000 €. Sie sind also zu 50 % unterversichert. Nun entsteht durch einen Leitungswasserschaden ein Schaden von 30.000 €. Anstatt die vollen 30.000 € zu erhalten, erstattet die Versicherung aufgrund der 50-prozentigen Unterversicherung auch nur 50 % des Schadens, also 15.000 €. Sie bleiben auf den restlichen 15.000 € sitzen. Dieses Prinzip ist vielen Versicherten nicht bewusst und führt im Ernstfall zu einem bösen Erwachen.

Infografik zur Erklärung des Pro-Rata-Prinzips bei Unterversicherung

Wie die Grafik symbolisch darstellt, führt eine zu niedrig angesetzte Versicherungssumme direkt zu einer proportional geringeren Auszahlung. Die schleichende Gefahr dabei ist die Inflation und die stetige Anschaffung neuer, teurerer Gegenstände. Ein Vertrag, der vor fünf Jahren noch passte, kann heute bereits zu einer erheblichen Unterversicherung führen.

Fallstudie: Dynamische Anpassung gegen schleichende Unterversicherung

Eine effektive Methode, der inflationsbedingten Unterversicherung entgegenzuwirken, ist die dynamische Summenanpassung mit Wertzuschlagsklausel. So wurde beispielsweise im Jahr 2024 die Versicherungssumme in vielen deutschen Hausratversicherungen automatisch um 5,2 % erhöht, basierend auf der Entwicklung des Verbraucherpreisindex. Diese automatische Anpassung stellt sicher, dass die maximale Entschädigung mit der allgemeinen Preisentwicklung Schritt hält und der Wert des Hausrats realitätsnah abgebildet wird. Dies ist ein wichtiger Mechanismus, um den Versicherungsschutz über die Jahre hinweg intakt zu halten.

Wie ermitteln Sie den richtigen Versicherungswert für Hausrat und Immobilie ohne Unter- oder Überbewertung?

Die korrekte Ermittlung der Versicherungssumme ist der entscheidende Hebel, um die Falle der Unterversicherung zu umgehen. Angesichts von rund 27,6 Millionen Hausratversicherungsverträgen in Deutschland ist dies ein flächendeckendes Thema. Es gibt verschiedene Methoden, den Wert von Hausrat und Immobilie zu bestimmen, die sich in ihrer Genauigkeit und ihrem Aufwand stark unterscheiden. Eine falsche Methode kann entweder zu gefährlichen Deckungslücken (Unterversicherung) oder zu unnötig hohen Beiträgen (Überversicherung) führen.

Für die Hausratversicherung bieten Versicherer oft eine pauschale Berechnung an, um den Prozess zu vereinfachen und gleichzeitig einen Unterversicherungsverzicht zu gewähren. Bei der Wohngebäudeversicherung ist die Wertermittlung komplexer und basiert oft auf historischen Werten. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die gängigsten Bewertungsmethoden.

Bewertungsmethoden für Hausrat und Immobilie
Methode Anwendung Genauigkeit
650€/qm Pauschale Hausrat Standard Mittel
Detaillierte Inventarliste Hausrat Premium Hoch
Wert 1914 Immobilie Sehr hoch
Neubauwert-Schätzung Immobilie Mittel

Die Pauschale von meist 650 € pro Quadratmeter Wohnfläche ist die einfachste Methode für den Hausrat. Wenn Sie diese anwenden, gewährt der Versicherer in der Regel einen Unterversicherungsverzicht. Das bedeutet, im Schadensfall wird nicht geprüft, ob die Summe ausreicht, und das Pro-Rata-Prinzip wird ausgesetzt. Dies bietet eine hohe Sicherheit, kann aber bei einer unterdurchschnittlichen Ausstattung zu einer leichten Überversicherung führen. Für Haushalte mit sehr hochwertiger Einrichtung (Kunst, Designermöbel, teure Technik) ist eine detaillierte Inventarliste unumgänglich, um den tatsächlichen Wert exakt zu ermitteln. Für Immobilien ist der Wert 1914 die präziseste Methode. Er berechnet, was ein Gebäude mit dem fiktiven Baupreisindex des Jahres 1914 heute im Neubau kosten würde, und sichert so den Wiederaufbauwert.

Aktionsplan zur Überprüfung Ihres Hausratschutzes: Die 4 kritischen Punkte

  1. Grobe Fahrlässigkeit prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Police den „Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit“ enthält. Dies ist der wichtigste Schutz vor Leistungskürzungen bei alltäglichen Missgeschicken (z.B. gekipptes Fenster, angelassene Herdplatte).
  2. Wertsachen-Grenzen kontrollieren: Überprüfen Sie die Entschädigungsgrenzen für Schmuck, Bargeld und andere Wertsachen. Standardlimits von 20 % der Versicherungssumme sind oft zu niedrig. Passen Sie diese bei Bedarf an.
  3. Fahrradklausel analysieren: Prüfen Sie, ob Fahrräder (insbesondere E-Bikes bis 25 km/h) auch außerhalb der Wohnung und nachts versichert sind. Die einfache Mitversicherung im Rahmen des Hausrats reicht oft nicht aus.
  4. Elementarschutz bewerten: Klären Sie, ob eine Elementarschadenversicherung für Ihren Wohnort sinnvoll ist. Dieser Zusatz schützt gegen Naturgefahren wie Überschwemmung und Starkregen und ist in Standardpolicen nicht enthalten.

Was ist Grundschutz und was ist Zusatzoption in der Hausratversicherung?

Um eine Hausratversicherung optimal zu gestalten, ist es essenziell, zwischen dem unverzichtbaren Grundschutz und den optionalen Zusatzbausteinen zu unterscheiden. Der Grundschutz bildet das Fundament jeder Police und deckt die vier klassischen Kernrisiken ab. Diese Basisabsicherung ist standardisiert und bei nahezu allen Anbietern identisch.

Der Grundschutz (auch Basisdeckung genannt) umfasst immer Schäden durch:

  • Feuer: Brand, Blitzschlag, Explosion und Implosion.
  • Leitungswasser: Schäden durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser aus Rohren oder angeschlossenen Geräten.
  • Sturm und Hagel: Schäden, die ab einer Windstärke von 8 (mehr als 62 km/h) entstehen.
  • Einbruchdiebstahl, Raub und Vandalismus: Diebstahl von Hausrat nach einem Einbruch sowie die Zerstörung von Gegenständen durch den Täter.

Während dieser Grundschutz die häufigsten Gefahren abdeckt, spiegeln die Zusatzoptionen die individuellen Bedürfnisse und die sich wandelnden Risiken wider. Diese Bausteine müssen aktiv ausgewählt und gegen einen Mehrbeitrag versichert werden. Die wichtigsten Optionen sind die Elementarschadenversicherung, die Fahrradklausel, die Glasbruchversicherung und der Cyberschutz. In Zeiten des Klimawandels gewinnt insbesondere der Elementarschutz immer mehr an Bedeutung, da er vor den finanziellen Folgen von Starkregen, Überschwemmung, Schneedruck oder Erdrutschen schützt – Gefahren, die vom Grundschutz explizit ausgeschlossen sind.

Wie prüfen Sie, ob Ihre Wohngegend zu Hochwasser-, Starkregen- oder Erdbeben-Risikogebieten zählt?

Die Entscheidung für oder gegen eine Elementarschadenversicherung sollte nicht aus dem Bauch heraus getroffen werden, sondern auf einer fundierten Risikoanalyse basieren. Viele Hausbesitzer unterschätzen das lokale Risiko von Naturgefahren wie Hochwasser oder Starkregen massiv. Ob Ihr Wohnort gefährdet ist, lässt sich heute jedoch präzise und objektiv ermitteln. Das entscheidende Werkzeug hierfür ist ein System, das von der deutschen Versicherungswirtschaft entwickelt wurde und eine genaue Risikoeinschätzung ermöglicht.

Fallstudie: Das ZÜRS-System zur Risikobestimmung

Das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo) ist eine digitale Deutschlandkarte, die das individuelle Hochwasserrisiko für jede Adresse bewertet. Es teilt das Land in vier Gefährdungsklassen (GK) ein: von GK 1 (statistisch seltener als alle 200 Jahre ein Hochwasser) bis GK 4 (statistisch mindestens einmal in 10 Jahren ein Hochwasser). Hausbesitzer und Mieter können ihre individuelle Risikoklasse mithilfe des kostenlosen Online-Tools „Kompass Naturgefahren“ des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schnell und einfach ermitteln. Diese Einstufung ist die Grundlage für die Versicherbarkeit und die Prämienhöhe der Elementarschadenversicherung. In der höchsten Risikozone 4 sind oft zusätzliche bauliche Schutzmaßnahmen, wie der Einbau von Rückstauklappen, eine Voraussetzung für den Versicherungsschutz.

Die Prüfung Ihrer Adresse im ZÜRS-System ist der wichtigste Schritt, um den Bedarf an einer Elementarversicherung objektiv zu bewerten. Ein niedriges Hochwasserrisiko bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Sie sicher sind. Die Gefahr durch Starkregen ist geografisch wesentlich breiter gestreut und kann auch auf Anhöhen zu lokalen Überschwemmungen führen. Daher wird der Einschluss von Elementarschäden mittlerweile für fast alle Immobilienbesitzer in Deutschland empfohlen, da der Klimawandel die Häufigkeit und Intensität solcher Wetterereignisse erhöht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der größte finanzielle Schaden entsteht nicht durch das Ereignis selbst, sondern durch unbemerkte Deckungslücken und eine falsche Versicherungssumme.
  • Die pauschale Berechnung der Hausratsumme (z.B. 650€/qm) ist ein wirksamer Schutz gegen die fatalen Folgen der Unterversicherung.
  • Die klare Abgrenzung zwischen Hausrat- und Gebäudeversicherung, insbesondere bei Einbauküchen oder technischen Anlagen, muss aktiv in der Police geklärt werden.

Welche Deckungsbausteine braucht Ihre Hausratversicherung wirklich und welche sind überflüssig?

Nachdem der Grundschutz steht und die Versicherungssumme korrekt ermittelt ist, stellt sich die Frage nach den sinnvollen Zusatzbausteinen. Hier gilt das Prinzip: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Nicht jeder Baustein ist für jeden Haushalt sinnvoll. Eine unreflektierte Auswahl führt zu einer Überversicherung und unnötig hohen Beiträgen. Die Kunst besteht darin, die eigenen Lebensumstände realistisch zu bewerten und den Schutz gezielt zu ergänzen.

Ein klassisches Beispiel ist die Fahrradklausel. Besitzen Sie nur ein altes Stadtrad, ist der Zusatzbeitrag oft nicht gerechtfertigt. Besitzen Sie jedoch ein oder mehrere hochwertige Fahrräder oder E-Bikes, ist dieser Baustein existenziell. Wichtig ist hier, auf den 24-Stunden-Schutz auch außerhalb verschlossener Räume zu achten. Laut Angaben des GDV hatten im Jahr 2020 bereits 47 % der Hausratversicherungen die Fahrradklausel eingeschlossen, was die wachsende Bedeutung unterstreicht. Ein weiterer oft angebotener Baustein ist die Glasbruchversicherung. Diese lohnt sich in der Regel nur für Immobilien mit sehr großen, teuren Fensterfronten, Wintergärten oder bei Induktionskochfeldern aus Glaskeramik. Für eine Standardwohnung sind die Kosten im Vergleich zum potenziellen Schaden oft zu hoch.

Experten-Tipp: Die Leistungs-Update-Garantie als Zukunftssicherung

Ein oft übersehener, aber extrem wertvoller Baustein ist die sogenannte Innovationsklausel oder Leistungs-Update-Garantie. Sie stellt sicher, dass Sie als Versicherter automatisch und ohne Vertragsanpassung von zukünftigen Verbesserungen der Versicherungsbedingungen Ihres Tarifs profitieren. Wenn der Versicherer also neue Leistungen einführt (z.B. einen besseren Schutz bei Cyber-Risiken), gelten diese auch für Ihren Altvertrag. Dies ist besonders in der sich schnell entwickelnden Versicherungslandschaft ein unschätzbarer Vorteil, der Ihre Police zukunftssicher macht.

Der wichtigste Baustein für fast jeden Haushalt ist jedoch der bereits erwähnte Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit. Da alltägliche Unachtsamkeiten schnell als grob fahrlässig eingestuft werden können, schützt diese Klausel vor massiven Leistungskürzungen und sollte absolute Priorität haben. Andere Bausteine wie eine Reisegepäckversicherung sind meist überflüssig, da der Schutz oft lückenhaft ist und die Außenversicherung der Hausratpolice bereits eine solide Grundabsicherung bietet.

Um Ihren Lebensstandard und Ihr Eigentum umfassend zu schützen, ist eine proaktive Auseinandersetzung mit den Details Ihrer Versicherungspolicen unerlässlich. Der nächste logische Schritt besteht darin, Ihre bestehenden Verträge anhand der hier genannten Kriterien zu überprüfen und eine professionelle Bewertung Ihrer individuellen Risikosituation einzuholen.

Häufig gestellte Fragen zur Absicherung von Eigentum

Was deckt der Grundschutz immer ab?

Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel (ab Windstärke 8) und Einbruchdiebstahl sind die vier Kernrisiken jeder Hausratversicherung.

Wann lohnt sich die Elementarschadenversicherung?

In Zeiten des Klimawandels wird dieser Zusatz immer wichtiger – er schützt vor Starkregen, Überschwemmung und Schneedruck.

Was bedeutet Cyberschutz in der Hausratversicherung?

Moderne Cyber-Bausteine decken Datenrettung, Schäden durch Online-Banking-Betrug und sogar Reputationsschäden ab.

Geschrieben von Claudia Wagner, Claudia Wagner ist Sachversicherungsexpertin mit 16 Jahren Berufserfahrung, spezialisiert auf Hausrat-, Gebäude- und Elementarschadenversicherungen. Als zertifizierte Schadensgutachterin (IHK) und ehemalige Schadensreferentin bei einem großen deutschen Versicherer kennt sie beide Seiten der Versicherungspraxis.